Wohnung (20982)

Kaum eine Plat­te hat mich als ich jung war so um­ge­hau­en, wie das Debüt von Ko­los­sa­le Ju­gend. Da­mals fand ich Bands mit deut­schen Tex­ten, trau­ma­ti­siert von den äl­te­ren Brü­dern von Freun­din­nen und Freun­den und ihrer Lin­den­berg-Plat­ten und NDW-Unfug wie Ideal oder Ex­trab­reit, in der Regel eher pein­lich. Das geile war doch, dass man mit dem ei­ge­nen, eher schlech­ten Eng­lisch, doch nur Bruch­stü­cke der Ly­rics sei­ner Idole ver­stand und so un­end­lich viel Raum für ei­ge­ne In­ter­pre­ta­ti­on blieb. Ich weiß über­haupt nicht mehr, wie viele Songs ich kom­plett falsch ver­stan­den habe. Und dann kam diese Plat­te: Heile, heile Bo­ches. Er­schie­nen in dem Jahr als im Herbst die Welt um­kipp­te und mach­te ein­fach BANG! BANG! BANG! Das war neu, das war an­ders, das waren Zei­len, die da einer raus brüll­te, wie man so noch nie ge­hört hatte. Der Text war Party, jeder Schritt wurde ge­zählt und eine Woh­nung im Kopf soll­te ge­schmückt wer­den. Man ver­stand nichts, aber genau darum war jede Zeile vol­ler Schön­heit und Wahr­heit, Wort bei Wort.

Heute ist Kri­s­tof Schreuf, der Ver­fas­ser all die­ser rät­sel­haf­ten Zei­len im Alter von nur 59 Jah­ren ver­stor­ben. Und mit ihm ein Stück mei­ner spä­ten Ju­gend.